Gestalttherapie

Grundlage und Ziel
jeder Psychotherapie i
st das Bestreben des Klienten,

  • unter Wahrung seiner ganz individuellen Eigenheit Störungen seines Wachstums aufzulösen,
  • seinen Lebensalltag in befriedigender Weise zu gestalten,
  • sowohl sich selbst wohlwollend anzunehmen, als auch unangenehm und schmerzhaft empfundene Situationen, Eigenschaften oder Beziehungen als integralen Bestandteil seiner selbst zu akzeptieren
  • das Gewahrsein seiner selbst immer umfassender zu erlangen und dadurch neue Handlungsmöglichkeiten zu ermöglichen  und
  • sich so in weitestem Sinne selbst (wieder) zu finden.

Gestalttherapie ist eine Psychotherapie, die um die Mitte des letzten Jahrhunderts vor allem von Fritz und Laura Perls entwickelt wurde. Das grundlegende Buch wurde 1951 von Perls/Goodman/Hefferline mit dem Titel “Gestalttherapy” veröffentlicht. Gestalttherapie gehört zu den humanistischen
( oder erlebnisorientierten) Psychotherapieverfahren.

Sie basiert auf den Erkenntnissen der Gestaltpsychologie, die sich ihrerseits mit den physiologischen und psychischen Vorgängen bei der Wahrnehmung der Welt beschäftigt.
Philosophisch ist die Gestalttherapie von der Phänomenologie, dem Existenzialismus, sowie von Martin Bubers Dialogischem Prinzip ( Ich-Du-Beziehung) beeinflusst.

Jede Lebenssituation konstituiert sich aus dem augenblicklichen Erleben, mit dem der Mensch konkret beschäftigt ist und das für ihn gerade im Vordergrund steht, der sog. Figur, und allen diesem Erleben zugeordneten, zugehörigen, in der Vergangenheit stattgefundenen und im Augenblick vorgestellten Bildern und Erlebtem, dem sog. Grund bzw. Hintergrund. Die jeweilige Kombination aus Figur und Hintergrund - auch die beiden Pole einer Situation oder eines Gefühls - , die sog. Figur-Hintergrund-Formation,  wird Gestalt genannt und gab der Therapie ihren Namen.

Wichtige Grundprinzipien - in Abgrenzung zu den psychoanalytischen Verfahren - sind die Konzentration auf das Hier-und-Jetzt, das aber die Vergangenheit nicht ausschließen kann, da auch sie Einwirkungen auf das gerade Erlebte hat, und die Betonung der Wichtigkeit der
Klient-Therapeut-Beziehung.

Wichtige Begriffe und Kriterien einer Gestalttherapie sind dabei:

seele_berühren

 

- dialogisch / im Kontakt miteinander

- existentiell / das Wesentliche des Menschen berührend,

- im Hier-und-Jetzt / am Gewahrsein,

- mit Figur-Hintergrund / Polaritäten

zu arbeiten.

 

Alle Aspekte des Erlebens werden dabei in die Therapie einbezogen. Körperliche Haltung gibt genauso Hinweise auf das innere Erleben, wie Gefühle, Gedanken, Körperempfindungen, Stimme, Gesichtsausdruck etc., und werden dazu genutzt, den unerledigten Geschäften bzw. nicht geschlossenen Gestalten auf die Spur zu kommen, sie zu würdigen - nicht nur als angemessenes Verhalten in der Vergangenheit, sondern auch (noch) zum jetzigen Zeitpunkt - und sich intensiv mit ihnen zu beschäftigen.

Das integrative Element der Gestalttherapie ist die Einbeziehung des Körpers, der als Ausdruck und als Instrument der eigenen Gefühle einbezogen und mit körper-orientierter Arbeit als Teil des Wachstumsprozesses wichtig genommen wird.

 

Gestalttherapie und das Paradox der Veränderung

“Veränderung geschieht, wenn jemand wird, was er ist, nicht wenn er versucht, etwas zu werden, das er nicht ist. Veränderung ergibt sich nicht aus einem Versuch des Individuums oder anderer Personen, seine Veränderung zu erzwingen, aber sie findet statt, wenn man sich die Zeit nimmt und die Mühe macht zu sein, was man ist; und das heißt, sich voll und ganz auf sein gegenwärtiges Sein einzulassen.”

(Arnold Beisser, amerikanischer Gestalttherapeut,
siehe Artikel unter: www.gestalt.de/gestaltkritik.html)

 

Erklärungsmodell der Gestalttherapie

Während Sigmund Freud annahm, dass, grob gesagt, alle Neurosen aufgrund von Frustration sexueller Bedürfnisse ( Libido / Thanatos) entstehen, legte Fritz Perls die Betonung auf das Bedürfnis, seine Seele zu nähren ( dazu sein Buch: Das Ich, der Hunger und die Aggression, 1944).
Dieses sah er prototypisch in der Nahrungsaufnahme realisiert. Daraus folgte der Versuch, diese Erfahrung auf alle Interaktion des Menschen mit seiner Umgebung zu generalisieren. Dieser Vorgang wird in der Gestalttherapie Kontakt genannt. Kontakt bezieht sich dabei auf Personen, Dinge, Beziehungen, d.h. auf jede menschliche Aktion / Handlung.
Durchläuft der Kontakt nicht seine natürlichen Phasen, werden bestimmte Phasen mit geringerer Energie durchlaufen oder wird der Kontakt bei einem immer gleichen oder ähnlichen Thema zu einem bestimmten Zeitpunkt unterbrochen, kann das Hinweis auf eine sog. Kontaktstörung sein, die den Menschen daran hindert, sich voll zu entfalten bzw. die Gestalt seines Handelns in allen seinen Facetten als vollständig zu erleben.

Die Gestaltwelle verdeutlicht graphisch den zeitlichen und energetischen Ablauf eines Kontaktes.

Quelle und Näheres: